Geschrieben von Phoso am 16.07.2009 um 12:54:
Im Januar 2007 wurde bei Werder-Vertragsspieler Ivan Klasnic eine Niereninsuffizienz festgestellt. Ihm wurde darauf erfolgreich eine Niere des Vaters transplantiert. Einem Comeback als Fußballprofi hatten Fachleute nur wenig Chancen eingeräumt. Doch Klasnic kämpfte sich zurück und kehrte bereits im November 2007 auf die Fußballbühne zurück - eine medizinische Sensation. Das Vertrauen in die Werder-Ärzte hatte Klasnic zu diesem Zeitpunkt längst verloren. Er kehrte Bremen den Rücken, um beim französischen Erstliga-Club FC Nantes sein neues Glück zu suchen. Klasnic reichte zudem eine Klage gegen Werders Vereinsarzt Dr. Götz Dimanski ein - die Entscheidung des Gerichts steht noch aus. Klasnics Vorwurf: Dimanski hätte das Nierenleiden frühzeitig erkennen müssen. Timo Strömer sprach im Telefoninterview mit Ivan Klasnic über den Rechtsstreit, das Verhältnis zu Werder Bremen und eine Rückkehr in die Bundesliga.
Transfermarkt.de: Herr Klasnic, ich denke Ihre Leidensgeschichte ist unseren Zuschauern hinlänglich bekannt. Sie sind der erste Profi-Fußballer, der nach einer Nierentransplantation auf den Rasen zurückgekehrt ist. Ich frage also nicht nur so daher gesagt: Wie geht es Ihnen heute?
Ivan Klasnic: Es geht mir sehr gut. Ich bin jetzt seit zwei Jahren wieder im Geschäft und stehe wieder auf dem Platz.
Transfermarkt.de: Welche Probleme bereitet Ihnen die Krankheit noch?
Ivan Klasnic: Gar keine. Ich muss zwar noch morgens und abends Medikamente nehmen, aber ansonsten gibt es keine Probleme.
Transfermarkt.de: Wie ist das auf dem Platz? Sie tragen im Spiel einen Nierenpanzer...
Ivan Klasnic: Das ist ein zusätzlicher Schutz den ich trage, damit ich im Spiel einen freien Kopf habe und ohne Probleme agieren kann.
Transfermarkt.de: Und klappt das? Können Sie auf dem Platz Ihre Krankheit völlig ausblenden?
Ivan Klasnic: Ja. Ich bin ein gesunder Spieler.
Transfermarkt.de:Und abseits des Feldes? Denken Sie noch oft über Ihr Nierenleiden nach?
Ivan Klasnic: Nein, das ist vorbei. Was passiert ist, ist passiert. Aber ich ja noch mit dem Werder-Arzt vor Gericht.
Transfermarkt.de: Sie haben es gerade schon angesprochen. Sie stehen vor Gericht gegen Werders Mannschaftsarzt Dr. Götz Dimanski. Sie werfen Ihm vor, die Krankheit nicht früh genug erkannt zu haben. Wie ist der Stand der Dinge in diesem Rechtsstreit?
Ivan Klasnic: Wir hatten eine erste Sitzung vor Gericht und das Gericht lässt jetzt ein Gutachten erstellen. Es wurden zuvor schon zwei Gutachten erstellt, aber jetzt will das Gericht noch ein eigenes heranziehen. Man wird sehen, was dabei herauskommt.
Transfermarkt.de: Wann rechnen Sie mit einem Urteil?
Ivan Klasnic: Ich möchte möglichst schnell wieder in Ruhe schlafen. Wir werden sehen was passiert. Es ist auf jeden Fall so, dass da geschlampt worden ist.
Transfermarkt.de: Ihnen ginge es um Gerechtigkeit war zu lesen, was wäre denn eine Genugtuung für Sie?
Ivan Klasnic: Man kann nicht von einer Genugtuung sprechen. Meine ganze Familie ist `bestraft` worden. Meine Nieren haben versagt und meine Eltern mussten ihre Nieren spenden. Ich will einfach, dass für die Leute, die geschlampt haben, das richtige Urteil gefällt wird.
Transfermarkt.de: Ich vermute, dass Ihr Verhältnis zu Ihrem Ex-Verein Werder Bremen unter dem Rechtsstreit leidet. Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Werder beschreiben?
Ivan Klasnic: Ich habe noch zu vielen Spielern Kontakt, zum Präsidium oder zum Trainer dagegen nicht.
Transfermarkt.de: Und Sie möchten auch keinen Kontakt zu Geschäftsführer Klaus Allofs und Co.?
Ivan Klasnic: Das habe ich nicht gesagt, dass ich keinen Kontakt will. Wir haben zur Zeit keinen Kontakt. Sie machen ihr Ding, ich mache mein Ding, so ist das Verhältnis zur Zeit.
Transfermarkt.de: Es gibt da ja diese Geschichte mit dem Abschiedsgeschenk, einer Luxus-Uhr, die, wie es heißt, noch bei Klaus Allofs in der Schublade liegt. Holen Sie die Uhr nicht mehr ab und warum haben Sie die Uhr nicht entgegen genommen?
Ivan Klasnic: Es ist einfach so, dass ich sieben Jahre für Werder Bremen sehr gute Leistungen gebracht und ich habe dazu beigetragen, dass Werder in den letzten Jahren sehr weit oben stand. Ich will jetzt nicht arrogant klingen, aber immer wenn ich gespielt habe oder ich mit einem anderen Spieler zusammen im Sturm gespielt habe, hatte Werder die meisten Erfolge in den letzten Jahren. Klose war neben mir Torschützenkönig, Ailton war Torschützenkönig. Das hört sich jetzt arrogant an, aber ich glaube, die meisten Erfolge hatte Werder mit mir. Man hat es ja auch gesehen. Ich bin weg gegangen und jetzt stehen sie nur noch auf Platz zehn. Ich will nicht behaupten, dass es nur an mir liegt, wir hatten früher eine gute Mannschaft. Ich will damit nur sagen, dass die Jahre, in denen ich gute Leistungen gezeigt habe, honoriert und respektiert werden sollten. Ich muss einer Uhr nicht hinterherlaufen, das brauche ich nicht. Werder hat sich nicht etwas einfallen lassen, wie mich zu einem Spiel einzuladen und mich vor den Fans zu verabschieden. Das ist so leider nicht passiert. Ich habe in der Presse gelesen, Klaus Allofs habe gesagt, ich solle den Mund halten. Ich habe aber erfahren, dass der Wortlaut ein andere gewesen sei: Ich solle die Fresse halten habe er gesagt. Auf dieses Niveau lasse ich mich nicht herunter. Ich muss da nicht hinterherlaufen. Ich muss die Uhr nicht haben, ich kann mir selber eine Uhr kaufen.
Transfermarkt.de: Das heißt, Sie sind bitter enttäuscht. Das höre ich so heraus...
Ivan Klasnic: Ja, das kann man schon sagen. Wer bei Werder Bremen gespielt hat, wurde gebührend verabschiedet. Bei mir war das nicht der Fall, deswegen bin ich enttäuscht.
Transfermarkt.de: Wurde Ihnen denn gesagt, warum Sie nicht vernünftig verabschiedet worden sind?
Ivan Klasnic: Nein.
Transfermarkt.de: Schauen wir auf Ihre aktuelle Situation. Sie stehen beim FC Nantes unter Vertrag, erzielten in der abgelaufenen Spielzeit sechs Treffer, Nantes stieg trotzdem in die zweite Liga ab. Woran hat es gelegen?
Ivan Klasnic: Wir hatten keine gute Mannschaft und der Verein hat große Hoffnungen in mich gesetzt, aber ich hatte in der letzten Saison zwei Trainer. Der Trainer, der mich haben wollte, ist entlassen worden weil wir einen schlechten Start hatten. Zudem haben wir viele junge Spieler im Team, die keine Erstliga-Erfahrung hatten. Vielleicht sind wir auch deswegen abgestiegen. So genau kann ich das aber nicht sagen. Vielleicht haben wir auch zu defensiv gespielt, ich weiß es nicht. Es ist ein Jahr, das wir schnell vergessen müssen. Jetzt sind wir in der zweiten Liga, ich habe noch Vertrag, aber man wird sehen, was passiert.
Transfermarkt.de: Für Sie war Frankreich ja erstmal Neuland. Haben Sie sich in der kurzen Zeit in Frankreich schon akklimatisieren können?
Ivan Klasnic: Die ersten sechs Monate waren natürlich schwer. Die Sprache war neu und ich musste mich erstmal an das neue Land gewöhnen. Das ist immer schwer, wenn man neu ist. Außerdem waren die Erwartungen, die in mich gesetzt wurden, sehr hoch. Die haben gedacht, das läuft von alleine - der Klasnic kommt und der schießt die Tore. Aber das ist wie bei Werder Bremen damals. Klasnic alleine hat die Tore nicht geschossen, nur wenn der Klasnic eine gute Mannschaft hat, kann er die Tore schießen. Es liegt nicht immer nur an mir. Wenn die Mannschaft gut spielt, dann kann ich auch gut spielen.
Transfermarkt.de: Inwiefern war die Sprachbarriere ein Hindernis?
Ivan Klasnic: Zu Beginn war die Sprache sicherlich ein Problem. Aber in der zweiten Saisonhälfte lief das eigentlich gut. Nach kleineren Verletzungen kam ich zurück und habe in den ersten vier Spielen gleich drei Tore geschossen. Auch für die Nationalmannschaft habe ich getroffen und ein weiteres vorbereitet. Wir haben das Spiel mit Kroatien 2:0 gewonnen, aber ich kam zurück nach Frankreich und saß wieder auf der Bank. Das verstehe ich nicht. Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe.
Transfermarkt.de:Gab es denn keine Gespräche mit dem Trainer, in denen er Ihnen die Situation erläutert hat?
Ivan Klasnic:Nein, der Trainer hat immer sein Ding durchgezogen.
Transfermarkt.de: Sprechen Sie denn mittlerweile ein bisschen französisch?
Ivan Klasnic: Ja, ich versteh die Sprache eigentlich sehr gut und auch das Sprechen ist in Ordnung. Mit der Grammatik hapert es noch, aber ich versuche das Beste daraus zu machen. Zur Zeit haben wir einen deutschen Trainer, der mit mir natürlich deutsch spricht. Der Coach ist auch froh, dass er auch mal mit einem Spieler deutsch sprechen kann.
Transfermarkt.de: Geben Sie uns eine kleine Kostprobe?
Ivan Klasnic: Lieber nicht (lacht).
Transfermarkt.de: Zurück zum Sportlichen. Wie unterscheidet sich der französische Fußball von der Bundesliga. Woran mussten Sie sich zunächst gewöhnen?
Ivan Klasnic: Der französische Fußball ist viel härter. In Frankreich hast Du nicht so viel Platz wie in der Bundesliga. Die Mannschaften sind sehr defensiv orientiert, in Frankreich spielen sie lieber 0:0 als 3:3.
Transfermarkt.de: Fühlen Sie sie sich mittlerweile in Ihrer Wahlheimat Frankreich wohl, sind Sie glücklich?
Ivan Klasnic: Es ist ja mein Job. Ich bin zur Zeit in Frankreich und mache meinen Job professionell. Was die Zukunft bringt, wird man sehen.
Transfermarkt.de: Sie könnten Ihren Job aber ja auch in der Bundesliga ausüben...
Ivan Klasnic: Das wird man alles sehen. Ich kann dazu noch nicht viel sagen. Natürlich schaue ich mich um. Ich will mit Kroatien zur Weltmeisterschaft 2010 und es ist wahrscheinlicher, dass ich dabei bin, wenn ich in der ersten Liga spiele.
Transfermarkt.de: Also ist eine Rückkehr nach Deutschland durchaus realistisch?
Ivan Klasnic: Das wird man sehen. Ich habe in den letzen sieben Jahren in der Bundesliga viel Erfolg gehabt und ich hätte nichts dagegen, zurückzukehren und diesen Erfolg weiterzuführen. Wenn es in einem anderen Land passiert, hätte ich aber auch nichts dagegen.
Transfermarkt.de: Gibt es denn Kontakt zu Bundesligavereinen ?
Ivan Klasnic: Ich kann dazu wirklich nichts sagen. Man wird sehen, was passiert.
Transfermarkt.de: Es heißt, wäre Dieter Hoeneß bei Hertha BSC Berlin nicht als Manager zurückgetreten, hätte er Ivan Klasnic nach Berlin gelotst. Ist da was dran?
Ivan Klasnic: Man kann sagen, er war ein Fürsprecher für mich, ja.
Transfermarkt.de: Sie haben keinen Berater, managen Sie alles selbst?
Ivan Klasnic: Zur Zeit arbeite ich mit einem Freund zusammen, der Anwalt ist. Ich bespreche die Dinge mit ihm und er kümmert sich dann um die Angelegenheiten.
Transfermarkt.de: Sind Sie bei Vertragsverhandlungen vor Ort? Sitzen Sie mit am Tisch und feilschen über Gehälter etc.?
Ivan Klasnic: In den letzten Jahren war ich immer dabei, bei jedem Vertrag. Wenn man lange in dem Geschäft ist, kennt man sich in der Branche aus. Man weiß dann, wie es funktioniert. Vielleicht wäre das ein Job für später, aber im Moment geht es nur um Fußball. Aber ich bin immer dabei und gucke mir das an.
Transfermarkt.de: Also können Sie sich vorstellen nach Ihrer Karriere als Berater zu arbeiten?
Ivan Klasnic: Dran denke ich eigentlich noch gar nicht. Ich möchte noch ein bisschen Fußball spielen und noch ein wenig Erfolg haben. Dann habe ich als Spieler und als ein Junge, der eine Nierentransplantation hinter sich hat, einiges erreicht. Ich bin zurück gekommen, darauf bin ich stolz. Ich hoffe, dass ich der einzige Fußballer bin, der dieses Leiden hat. Jedem, der dieses Problem hat, wünsche ich, dass er genauso in seinen Job zurückkehrt. Das Jahr, in dem meine Familie und ich gelitten haben, war sehr schwer für uns. Das wünsche ich keinem.
Transfermarkt.de: Es war zu lesen, dass Sie Ihre Karriere gerne beim FC St. Pauli ausklingen lassen würden. Können Sie das bestätigen?
Ivan Klasnic: Ja, ich hatte Kontakt zu Helmut Schulte und Holger Stanislawski. Sie möchten natürlich, dass ich schon jetzt komme, aber das ist noch ein bisschen früh.Ich bin 29 Jahre alt, ich bin noch gut im Saft. Schauen wir mal, wie lange ich noch woanders spiele und wann ich zurück nach Hamburg gehe. Ich möchte gerne weiter in Hamburg leben, da bin ich geboren.
Transfermarkt.de: Was bedeutet Ihnen Hamburg und was bedeutet Ihnen der FC St. Pauli?
Ivan Klasnic: Hamburg ist meine Geburtsstadt. Ich habe dort meine Jugend verbracht, bin da zur Schule gegangen. meine Eltern sind als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen und haben sich in Hamburg kennengelernt. Für mich ist Hamburg die schönste Stadt der Welt. Irgendwann wieder nach Hamburg zurückzukehren und bei St. Pauli zu spielen ist etwas Schönes. So möchte ich Danke sagen, schließlich habe ich meine Karriere bei Pauli begonnen. Als erfahrener `Haudegen` würde ich dann die jungen Spieler anleiten.
Transfermarkt.de: Und welche Pläne haben Sie für die nahe Zukunft?
Ivan Klasnic: Erstmal habe ich noch Vertrag bei Nantes. Man wird sehen, was passiert.
Transfermarkt.de: Wir bedanken uns für das Interview und wünschen Ihnen alles Gute.
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